Erfahrungen bei der Haltung behornter Milchkühe

Handlungsfelder

  • Verbesserung des Wohlbefindens des Tieres, des Gesundheits- und Hygienestatus von Betrieben
  • Verzicht auf mit Schmerzen verbundene Eingriffe am Tier

Im Öko – Kuhstall des Landwirtschaftszentrums Haus Riswick tragen inzwischen über 90 % der Milchkühe mit Nachzucht Hörner. Seit dem Jahr 2000 wird auf die Enthornung der Kälber verzichtet. Hörner haben in erster Linie eine Imponierfunktion und dienen nicht als Verletzungswaffe gegenüber anderen Lebewesen. Der Zeitraum der Stallperiode im Winter ist kritischer zu beurteilen und häufiger von hornbedingten Verletzungen begleitet als die Weideperioden mit dem großen Platzangebot. Häufig auftretende Verletzungen, bedingt durch Hörner, sind Hinweise auf Stress im Stall und auf ein problematisches Sozialverhalten innerhalb der Herde.

Jede Kuh hat einen für sie angenehmen persönlichen Raum, die sogenannte Individualdistanz, welche sie von anderen Kühen trennt. Bei Unterschreitung dieser Distanz wird jene versucht durch Bitten oder Drohen wiederzuerlangen, ggf. auch durch einen Kampf. In behornten Herden finden jedoch nachweislich weniger Rangkämpfe statt, bei einer stabileren Rangordnung.

Problemfaktoren bei hornbedingten Verletzungen:

  • Herdenmanagement / Umgang mit der Herde
  • Einzeltiere
  • Bestandsergänzung zu hoch
  • Futtervorlage und Tränken zu knapp
  • Haltung – stallbauliche Voraussetzungen: Fressgitter, Liege- und Fressplätze, Sackgassen, Engpässe…
  • Rasse und Zucht

Bei einer hörnertragenden Kuhherde erfordert das Management deutlich mehr Aufmerksamkeit, eine intensivere Betreuung und ist sogar entscheidender als die baulichen Voraussetzungen. Risikomomente sind besonders Umstall- bzw. Umtriebaktionen sowie stierige Tiere, so sollte das Eingliedern neuer Tiere möglichst bei ausreichendem Platzangebot oder in Verbindung mit einer erfahrenen ranghohen Kuh erfolgen. Kühe oder Jungrinder, die systematisch Unruhe stiften und andere Tiere in der Herde immer wieder drangsalieren, müssen abgesondert werden und nur mit Sicht- und Nasenkontakt erneut schrittweise in die Herde eingegliedert werden. Ein weiterer besonderer Einflussfaktor ist der horngerechte Boxenlaufstall. Jedes Tier sollte zu jeder Zeit Zugang zu Wasser, Liegeboxen und Futter haben. Stallattraktionen, wie Kraftfutter – Station, Tränken, Bürsten oder Leckschalen, sollten gleichmäßig im Stall verteilt sein, um den Kuhverkehr zu entzerren und Ausweichmöglichkeiten zu schaffen.

Im Stall führen Konkurrenzsituationen vermehrt zu Auseinandersetzungen zwischen behornten Tieren und sind möglichst zu vermeiden. Zu jeder Zeit sollten Futter, Wasser und Liegeplätze in genügender Menge und Anzahl vorhanden sein. Managementanforderungen sowie stallbauliche Voraussetzungen sollten bei dieser vorliegenden Thematik besonders berücksichtigt werden. Außerdem ist eine frühe, positive Gewöhnung und Erziehung der Tiere an den Halter bereits im Kälberalter hilfreich.

Forschungsnetzwerk NRW-Agrar